Auswirkungen des Coronavirus auf die Weltwirtschaft : Der Coronavirus wird dauerhafte Spuren hinterlassen

Wenn das Selbstverständliche plötzlich nicht mehr selbstverständlich ist, hat dies meist einschneidende Umbrüche zur Folge. Die Pleite der Investment-Bank Lehman-Brothers war ein solcher Moment, der unser Vertrauen erschüttert und unser Handeln auf Dauer verändert hat. Kredite, die als sicher eingestuft waren, fielen aus, Banken verliehen kein Geld mehr und die Finanzmärkte trockneten aus. In der Folge setzen Unternehmen heute viel stärker als damals auf Eigenkapital, um sich so vor einem abermaligen Zusammenbruch der Kreditmärkte zu schützen.
Auch der Ausbruch des Coronavirus könnte einen solchen Umbruch-Moment zur Folge haben und unser wirtschaftliches Handeln nachhaltig verändern. Bislang galten global gespannte Lieferketten als stabil und sicher. Unternehmen bauten darauf, Rohstoffe, Vorprodukte oder Wirkstoffe zuverlässig aus allen Teilen der Welt zu bekommen, wann immer es notwendig ist. Durch eine globalisierte und weit verzweigte Just-in-Time-Produktion praktisch ohne Lagerhaltung haben sie ihre Kosten minimiert. Der Ausbruch des Coronavirus könnte einen Umbruch-Moment wie bei der Pleite von Lehman-Brothers zur Folge haben.
Durch den Ausbruch des Coronavirus ist das Vertrauen in die globalen Lieferstrukturen nun nachhaltig erschüttert worden. Manager müssen die Zerbrechlichkeit ihrer immer weiter verzweigten Lieferketten erkennen und dies wird Konsequenzen dafür haben, wie die Weltwirtschaft künftig funktioniert. Apple gab bereits eine Umsatzwarnung heraus. Grund dafür waren Produktionsausfälle in China aufgrund des Coronavirus. Schätzungen zufolge stammen mittlerweile drei Viertel eines PKW von Zulieferern, die wiederum selbst auf Zulieferer zurückgreifen, die ebenfalls Zulieferer haben. Oftmals nehmen die Lieferketten in China ihren Anfang. Laut Mittelstand-Verband spürt bereits rund jedes vierte kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland die Folgen des Corona-Virus. Das Vertrauen in die globalen Lieferstrukturen sind durch das Coronavirus nachhaltig erschüttert worden.
Es ist zu befürchten, dass auch in Europa demnächst erste Bänder stillstehen, weil Vorprodukte fehlen sowie das Elektronikprodukte nicht lieferbar oder Arzneien ausverkauft sind. Unternehmen werden nun ihre Lehren ziehen und sich überlegen müssen, wie sie Wertschöpfungsketten wieder robuster gestalten, um bei spezifischen Teilen oder Wirkstoffen nicht mehr von einer Firma oder einem Land abhängig zu sein. Es ist damit zu rechnen, dass Lagerhaltung wieder mehr Beachtung findet und das nicht mehr nur der günstigste Zulieferer den Auftrag erhält, sondern um das Ausfallrisiko zu minimieren auch noch ein zweiter oder dritter. Auch die regionale Versorgung wird wahrscheinlich wieder eine wichtigere Rolle spielen. Durch weltwirtschaftliche Engpässe wird die regionale Versorgung wieder wichtiger.
Der Corona-Moment dürfte wohl zur Folge haben, dass künftig Wertschöpfungsketten wieder kürzer und globale Lieferverflechtungen ein Stück weit gelockert werden. Dabei verstärkt er einen Trend, der ohnehin im Gange ist, angetrieben durch neuen Protektionismus und Automatisierung. Wenn der Grad der internationalen Arbeitsteilung zurückgeht, gehen klassische Handelsgewinne verloren. Wenn dafür die Produktionsnetzwerke robuster werden, muss dies aber aus einer volkswirtschaftlichen Gesamtbetrachtung heraus kein Schaden sein.