Wie rechts ist die AfD? : Die AfD hat inzwischen der NPD das Wasser abgegraben

Die Empörungsbewegung „Alternative für Deutschland“ agiert durch Provokation, Tabubruch und Verweigerung. Die Aufmerksamkeit des Publikums zu erregen ist oberstes Ziel. Die Äußerungen von Funktionären und Mandatsträgern in der Öffentlichkeit bilden ein Quodlibet von nationalkonservativen, vulgär-patriotischen, völkisch-rassistischen, islamophoben und europakritischen Stimmen. Gemeinsamer Grundton ist Fremdenfeindlichkeit, auch schriller Antisemitismus ist zu vernehmen. Der vieltönige Auftritt der Partei macht die Einordnung in das Spektrum Rechts oder Links, Liberal oder Konservativ schwer. Auch das hat Methode: Die Protestpartei möchte sich nicht im traditionellen Schema verorten lassen, pflegt bürgerlichen Habitus, um Unzufriedene und Alleingelassene an sich zu binden und um das Odium Rechtsradikal zu vermeiden. Die AfD will sich nicht im traditionellen Schema verorten lassen.
Das wurde gerade wieder vor Augen geführt: Ein prominenter Vertreter der Partei pöbelt gegen die Erinnerung an den Nationalsozialismus, gegen das Denkmal, das an den Judenmord erinnert. Gegen „diese dämliche Bewältigungspolitik“ müsse eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ vollzogen werden. Das deutsche Volk, verkündet der AfD-Mann unter dem Jubel moralisch Anspruchsloser, befinde sich im „Gemütszustand eines total besiegten Volkes“, es sei „das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt“ habe. In der Schule werde deutsche Geschichte auf die zwölf Jahre des Nationalsozialismus reduziert und alles Übrige „mies und lächerlich gemacht“. Der Mann, der solches phantasiert, müsste es besser wissen, denn er war Studienrat für Geschichte, ehe es ihn in die Niederungen der Demagogie verschlug.
Parteifreunde reagieren auf solche Eklats arbeitsteilig abgestimmt. Die Parteivorsitzende schreit Pfui und ihr Mitvorsitzender und Feind ruft Bravo, ein Landeschef tadelt, ein anderer lobt, manche verlangen den Ausschluss des dummschwätzenden Thüringer Landesvorsitzenden, der das Geschichtsbild auf den Kopf stellen will, andere sind begeistert. Die Strategie ist zu erkennen, nach der vor allem Aufmerksamkeit erregt werden soll. Der Stammtisch wird in die Öffentlichkeit verlegt, die uralten Phrasen von der angeblichen Kollektivschuld der Deutschen, von der brutalen Umerziehung werden aufs Neue gedroschen. Das hat Wiedererkennungswert und stärkt wehleidige Patrioten und deren Gefühl, uns Deutschen sei seit 1945 nur unermessliches Leid zugefügt worden. Die Parolen von Höcke stärken wehleidige Patrioten.
Folgerichtig wurde im Stuttgarter Landtag beantragt, die Zuschüsse für die Gedenkstätte Gurs zu streichen und Fahrten „zu Gedenkstätten nationalsozialistischen Unrechts“ umzuwidmen in Bildungsreisen zu „bedeutsamen Stätten der deutschen Geschichte“.
Seit mehr als sieben Jahrzehnten, seit dem Untergang des NS-Regimes wird von Unbelehrbaren das Gleiche verzapft: Zuerst von abgehalfterten Nazis, die sich in Neonaziparteien zusammen schlossen, dann im ersten Bundestag saßen, schließlich verboten wurden, um in den 1960er Jahren in der NPD Auferstehung zu feiern. Die „Alternative für Deutschland“ hat inzwischen der NPD das Wasser abgegraben, aber nicht nur der Geschichtslehrer Höcke aus Thüringen, der den völkisch-rassistischen Flügel der Partei repräsentiert, benützt die gleichen Argumente, mit denen die NPD 1964 an den Start ging.Die AfD hat inzwischen der NPD das Wasser abgegraben.
Das Infame liegt darin, dass man den Unsinn immer wieder zurückweisen muss, obwohl die uralten Tiraden nur noch langweilen. Die Bombardierung Dresdens gegen Auschwitz aufzurechnen, wie es Rechtsradikale in den 1950er Jahren schon taten, ist wenig originell, war schon immer falsch, dient aber als Rezept, wenn man dumpfer Wut gegen die Kanzlerin, die Obrigkeit, die kulturelle Vielfalt unserer demokratischen Gesellschaft oder der Angst vor Fremden Ausdruck verleihen will. Wie es im Inneren des Verweigerungsvereins AfD zugeht, lässt sich an solchen Beispielen leicht zeigen, und ebenso, wie gefährlich die Tricks der Demagogen für die Demokratie sind: Als Verweigerung historischer Tatsachen, als Aufkündigung des demokratischen Werteverständnisses der Gesellschaft, als Kampfansage gegen Toleranz und Solidarität.
Mit dem Auftrumpfen hat es aber nicht das Bewenden. Kalkulierte Wahrheitswidrigkeit gehört zum Handwerkszeug der AfD-Propaganda wie Diskursverweigerung und Denunziation demokratischer Institutionen und ihrer Repräsentanten, sowie der Medien, die durch eine Gegenöffentlichkeit von Verlautbarungen in die hermetischen Echokammern der Anhänger ersetzt werden sollen, während die „Systempresse“ instrumentalisiert wird zur Generierung von Aufmerksamkeit durch Provokation, über die berichtet werden muss. (Übrigens: „System“ war das Schimpfwort der Nazis bei der Zerstörung der Demokratie der Weimarer Republik).Die AfD ist rechts und radikal.
Fremdenfeindschaft, Hass gegen Flüchtlinge und Muslime, völkischer und rassistischer Nationalismus prägen das Erscheinungsbild der AfD. Fügt man diese Indizien, die tagtäglich in Wort und Schrift aus der ersten Reihe der Partei geliefert werden, zusammen, dann gewinnt das Bild deutliche Konturen: Diese Partei ist rechts und radikal.