Wie rechts ist die AfD? : Die AfD als Partei ist nicht rechtspopulistisch

Die AfD wird üblicherweise als rechtspopulistische Partei bezeichnet. Davon abgesehen, dass „rechtspopulistisch“ ein inflationär gebrauchter politischer Kampfbegriff im Parteienwettbewerb geworden ist und es immer noch keine allgemein akzeptierte wissenschaftliche Definition von Rechtspopulismus gibt, macht diese Bezeichnung die Bandbreite von inhaltlichen Positionen nicht deutlich, die von der AfD und ihren Akteuren vertreten werden. Diese Bandbreite kann man nur adäquat erfassen, wenn man die AfD auf den beiden zentralen Konfliktlinien verortet, die den deutschen Parteienwettbewerb prägen: dem wirtschaftspolitischen Sozialstaatskonflikt zwischen marktfreiheitlichen, an Leistungsgerechtigkeit ausgerichteten und staatsinterventionistischen, an sozialer Gerechtigkeit im Sinne von Verteilungsgerechtigkeit ausgerichteten Wertvorstellungen zur Rolle des Staates im wirtschaftlichen Wettbewerb und dem gesellschaftspolitischen Konflikt zwischen progressiv-libertären und konservativ-autoritären Wertorientierungen in Bezug auf die Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Der Begriff „rechtspopulistisch“ pauschalisiert. Er deckt nicht die Bandbreite der AfD-Positionen ab.
Die Position der AfD im Sozialstaatskonflikt kann als marktliberal mit spezifischer sozialer Komponente gekennzeichnet werden. In ihrem Anfang Juni 2016 beschlossenen Grundsatzprogramm wird ihre wirtschaftspolitische Position mit der generellen Maxime „je mehr Wettbewerb und je geringer die Staatsquote, desto besser für alle“ beschrieben. Sie vertritt aber auch eine neue Konzeption von sozialer Gerechtigkeit. Diese verbindet – im Gegensatz zu der traditionellen, mit dem Fokus auf „unten gegen oben“ in Verteilungsfragen allein auf den Sozialstaatskonflikt bezogenen Konzeption – durch den Fokus auf „drinnen gegen draußen“, also Einheimische gegen Flüchtlinge, die ökonomische mit der gesellschaftspolitischen Konfliktlinie, d.h. vor allem mit sozio-kulturellen Bedrohungsszenarien. Die AfD ist eine nationalkonservative Partei mit stärker werdenden Brücken zum Rechtsextremismus.
Im gesellschaftspolitischen Bereich kann die AfD als nationalkonservative Partei mit immer stärker werdenden Brücken zum Rechtsextremismus hin gekennzeichnet werden, wobei das unter anderem durch rassistische und antisemitische Haltungen gekennzeichnete rechtsextremistische Einstellungsmuster den äußersten „rechten“ Rand der gesellschaftspolitischen Konfliktlinie bildet. Programmatisch zeigt sich der Primat des Nationalen schon in der Präambel des Grundsatzprogramms – wir wollen „Deutsche sein und bleiben“ – und setzt sich in der Position zur EU fort, die man „zu einer Wirtschafts- und Interessengemeinschaft souveräner, lose verbundener Einzelstaaten“ zurückführen will.
Konservative Wertvorstellungen durchziehen die gesellschaftspolitischen Positionen und werden etwa an der Law-and-Order-Orientierung im Bereich der inneren Sicherheit sowie im Familien- und Frauenbild deutlich. Die Brücken zum Rechtsextremismus zeigen sich in den Positionen zur deutschen Kultur, Sprache und Identität, zum Islam und zur Flüchtlingspolitik, deren Tenor zum Teil als völkisch-nationalistisch und fremdenfeindlich mit rassistischen Untertönen gewertet werden kann. Die Frage der gesellschaftspolitischen Positionierung war in der Partei von Anfang an umstritten und man kann eindeutig sagen, dass sie nach der Abspaltung des Flügels um den Parteigründer Bernd Lucke Mitte 2015 weiter nach rechts gerückt ist. Dies geht soweit, dass nach neuesten Umfragen vier Fünftel der Deutschen und auch knapp die Hälfte der eigenen Anhänger der Auffassung sind, dass sich die AfD nicht genug von rechtsextremen Inhalten und Mitgliedern abgrenzt. Es sind vor allem Individuen wie Björn Höcke, die die AfD in den Rechtsextremismus treiben.
Verstärkt werden die Brücken zum Rechtsextremismus durch das Agieren von Vertretern des äußersten rechten Rands der Partei. Zu nennen sind hier z.B. Björn Höckes eindeutig als rassistisch einzustufenden Äußerungen über das Fortpflanzungsverhalten von Afrikanern und Europäern und seine antisemitische Bemerkungen zum Holocaust-Mahnmal, die antisemitischen Schriften des baden-württembergischen Abgeordneten Wolfgang Gedeon oder die Verbindungen einiger AfD-Funktionäre zu als rechtsextremistisch eingestuften Organisationen und Gruppen wie zum Beispiel der Identitären Bewegung.