Rot-rot-grün im Bund : Wagenknecht ist ein Hindernis für Rot-Rot-Grün

Die Ablösung von Schwarz-Rot kann nur mit uns Grünen erreicht werden. Das ist gut, aber: Jede dafür notwendige Konstellation stellt uns vor ziemliche Herausforderungen – diese könnten zu unüberwindbaren Hindernissen werden. Dies gilt auch für eine Zusammenarbeit mit der CSU.
Wir wissen heute nicht, in welcher Konstellation wir eine Ablösung von Schwarz-Rot bewirken können – das wird erst das Wahlergebnis zeigen. Es bedeutet aber ganz sicher, dass wir eigenständig für unsere Positionen streiten müssen. Nur so können wir so stark werden, dass wir möglichst viel grüne Politik auch umsetzen können. Die Grünen sollten nicht um jeden Preis in eine Koalition mit Linken und SPD eintreten.
Auch in einer rot-rot-grünen Koalition müssten wir unsere grünen Schwerpunkte erst durchsetzen. Deutlich einfacher wäre das sicherlich in einer Zweierkonstellation. Nun ist aber jede Koalition eine Vernunftehe. Dann muss sich die Vernunft darin aber auch zeigen. Die SPD zeigt bisher keine Neigung zum Ausstieg aus Kohle und Verbrennungsmotoren und zu einer ökologischen Industriepolitik, die Linke keine Tendenz, die Mittelschicht zu entlasten, die unser Land trägt. Sie steht auch nicht für individuelle Freiheit und Selbstbestimmung, die im Mittelpunkt unserer politischen Ideen stehen. Und das muss klar werden: Wir Grüne werden nicht um jeden Preis in eine Regierungskoalition eintreten. Die Linke ist außenpolitisch derzeit kein verlässlicher Partner.
Es gibt Schnittmengen, mit der SPD sowieso – und auch mit der Linken ließen sie sich finden, etwa bei nuklearer Abrüstung, Familien- und Frauenpolitik, bürgerschaftlichem Engagement, Fragen einer offenen, geschlechtergerechten Gesellschaft wie der „Ehe für alle“ oder Kinderrechten. Eine Koalition mit der Linken ist für uns aber grundsätzlich nur denkbar, wenn erstens ihre Positionen nicht nationalistisch werden und wenn zweitens die soziale Gesinnung zu einer realitätsnahen europäischen Haltung der sozialen Gerechtigkeit wird. Die Linkspartei ist außenpolitisch derzeit kein verlässlicher Partner, etwa bei so wichtigen Themen wie dem Fortbestand der Nato als System kollektiver Sicherheit oder der Kritik an Russland für den Völkerrechtsbruch in der Ukraine. Als es darum ging, mit Hilfe der deutschen Marine syrische Chemiewaffen zu vernichten, stimmte die Linkspartei mehrheitlich dagegen. So lässt sich keine verlässliche international eingebettete Außenpolitik machen. Sahra Wagenknecht ist ein Hindernis für eine rot-rot-grüne Koalition.
Sahra Wagenknecht wettert gegen Flüchtlinge. Damit mag sie sich den Applaus von Horst Seehofer holen – aber sicher nicht von uns. Sie fischt ohne große Hemmungen in den Wassern der AfD, spielt auf ihrer Hetzklaviatur und steht damit im Widerspruch zu Grund-, Bürger- und Menschenrechten. Für uns Grüne sind diese Rechte zentral. Ebenso zählen ursprünglich linke Ideen wie Internationalität und das Bekenntnis zu Europa zu unseren unveräußerlichen Werten und sind auch in herausfordernden Zeiten nicht verhandelbar. Wagenknecht bezeichnet Brüssel dagegen als einen „Technokratensumpf“ aus „Antidemokraten“. Die zentrale Frage ist, ob Wagenknecht in der Linken die Oberhand behält oder ob sich eher ein Kurs wie der des thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow durchsetzt. Ob die Linke regierungsfähig ist, bestimmt sie also letztlich selbst.
In Berlin und Thüringen belegen die aktuellen Landesregierungen mit grüner und linker Beteiligung, dass eine Zusammenarbeit funktionieren kann. Der Fall von Andrej Holm jedoch, der wegen des Verschweigens seiner Stasi-Vergangenheit in der Kritik stand und an dem seine Partei dennoch mehr als einen Monat krampfhaft festhielt, zeigt, wie sehr die Linke noch ideologisch verhaftet ist. Sie müsste noch große Hindernisse aus dem Weg räumen, damit wir uns auf eine Zusammenarbeit einlassen können.Die Linke muss konsequent ihre SED-Vergangenheit aufarbeiten.
Das gilt auf Länderebene – umso mehr gilt es im Bund. Wenn die Linke Teil einer Bundesregierung sein will, muss sie sich konsequent ihrer SED-Vergangenheit stellen. Ramelows Landesverband betrachtet die DDR immerhin als Unrechtstaat. Der zweite Spitzenkandidat im Bundestagswahlkampf, Dietmar Bartsch, verweigert jedoch einen Aufarbeitungsprozess auf Bundesebene. Das ist nicht nur enttäuschend, es belegt auch, wie sehr es darauf ankommt, welche Weichen die Partei stellt, wenn sie es mit einer Regierungsbeteiligung auf Bundesebene ernst meint.