Sexismus in der Politik : Auch bei den Grünen gibt es Sexismus

Die politischen Parteien sind ein Abbild der Gesellschaft. In der
gesamten Gesellschaft ist Sexismus ein weit verbreitetes Problem, so
also auch in den politischen Parteien. Die Politik hat ein
Sexismus-Problem, genau wie die ganze Gesellschaft. Alle paar Jahre wird
darüber öffentlich diskutiert. Zuletzt ausgelöst durch den Beitrag einer
CDU-Abgeordneten über sexistisches Verhalten in ihrer Partei und vor
nicht allzulanger Zeit im Zuge der #aufschrei-Debatte, als tausende
Frauen ihre Erlebnisse mit Sexismus und sexualisierter Gewalt auf
Twitter teilten. Selten folgen wirkliche Konsequenzen aus diesen
Debatten und genau darin liegt das Problem. Wir haben es nämlich mit
einem Umsetzungsdefizit zu tun, weniger mit einem Mangel an Erkenntnissen.
Wenn nun CDU-Generalsekretär Tauber sagt, er wolle diese Debatte
führen, ist das vielleicht für seine Partei ein Fortschritt, allerdings
reicht das bei weitem nicht aus. Es müssen endlich auch Konsequenzen aus
solchen Diskussionen folgen. Quotierte Redelisten beengen männliche Platzhirsche in ihren Möglichkeiten
Ich werde als Grünen-Politikerin oft gefragt, ob es auch bei uns Grünen
sexistisches Verhalten gibt. Und ja klar, auch die Grünen sind nicht
frei von Sexismus. Es gibt auch bei uns mal dumme Sprüche und männlich
dominiertes Redeverhalten. Auch bei uns werden manchmal Frauen aufgrund
ihres Geschlechts abgewertet. Das habe ich schon erlebt und viele
andere Grüne Frauen auch. Denn patriarchale Strukturen prägen die
Gesellschaft zutiefst und seit tausenden von Jahren. Davon kann man sich
nicht einfach frei machen, auch nicht als progressivste Partei. Was uns
aber unterscheidet, ist, dass wir aus dieser Erkenntnis Konsequenzen in
unseren eigenen Strukturen gezogen haben, die diesen gesellschaftlichen
Prägungen entgegenwirken. Bereits von Anfang an haben wir offen
ausgesprochen und aufgeschrieben, dass wir uns dieses Problems bewusst
sind und wir haben unsere Strukturen so überarbeitet, dass sie
sexistischen Verhaltensweisen entgegenwirken. Wenn zum Beispiel
Redelisten quotiert sind, wird männlichen Platzhirschen viel eher die
Möglichkeit genommen sich auszubreiten und andererseits werden Frauen
ermutigt, sich und ihre Sichtweisen einzubringen. Die Grünen Männer sind es seit 30 Jahren gewohnt, ihre Macht mit Frauen zu teilen.
Auch unsere frauenpolitischen Strukturen machen deutlich, dass das
Recht von Frauen auf politische Teilhabe und ihr
Selbstvertretungsanspruch bei uns mehr ist als eine Worthülse. Wir haben
dies in unserer Satzung verankert. Das löst nicht alle Probleme und
schon gar nicht das Verhalten Einzelner, aber es gibt eine klare
Richtung vor – das ist der erste Schritt zur Veränderung.
Wir Grüne feiern in diesem Jahr das 30-jährige Bestehen des Grünen
Frauenstatuts und damit der Grünen Frauenquote. Seit 30 Jahren sind in
unserer Partei die Hälfte der Plätze (Listenplätze, Vorstandsposten,
Redebeiträge) für Frauen reserviert. Damit setzen wir unseren
feministischen Anspruch um, dass die Hälfte der Macht den Frauen
zusteht. Und in Gremien mit hohem Frauenanteil kommt sexistisches
Verhalten seltener vor als in anderen Parteien. In einer Fraktion, die
zur Hälfte aus Frauen und Männern besteht, weisen Frauen Sexismus eher
zurück. Hinzu kommt: Die Grünen Männer sind es seit 30 Jahren gewohnt,
ihre Macht mit Frauen zu teilen. Auch das verändert den Umgang miteinander.Die CDU muss ihre Strukturen überarbeiten um Sexismus zu bekämpfen
Dass die neue CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus aus 27 Männern
und 4 Frauen besteht, zeigt, dass die Beteiligung von Frauen an der
Politik nicht einfach so von selbst kommt. Dafür braucht es die
richtigen Voraussetzungen, wie eine wirksame Frauenquote und
Frauengremien. Aber es braucht auch einen ausgesprochenen Konsens der
Gesamtpartei, dass Sexismus in den eigenen Strukturen keinen Platz hat.
Dass es in einer Partei, deren Fraktion einen Frauenanteil von 12,9
Prozent hat, eher zu sexistischem Verhalten kommt, wundert wohl
niemanden. Insofern wäre die CDU gut beraten, nicht nur die Debatte über
Sexismus zu führen, sondern endlich auch ihre Strukturen zu überarbeiten.
Und gleichzeitig müssen wir uns alle dafür einsetzen, sexistische und
diskriminierende Strukturen in unserer Gesellschaft wirksam zu
bekämpfen. Wenn Politik ernsthaft damit beginnt, Maßnahmen für gleiche
Löhne zu ergreifen, wenn Gewalt gegen Frauen ernst genommen und bekämpft
wird, wenn Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt und im Steuerrecht
abgeschafft werden und Frauen nicht länger über ihre (Ehe-)Männer
definiert werden, sind die wichtigsten Schritte gegen die Abwertung von
Frauen auch in der Gesellschaft eingeleitet.
Und vielleicht verstehen es dann ja auch alle besser: Sexismus und
herablassende Bemerkungen gegenüber einem Geschlecht sind nie witzig,
auch wenn sie“ humorvoll“ hervorgebracht werden. Sexismus grenzt aus,
verletzt und setzt Diskriminierung fort.