Politik und Religion : Wider den „politischen Islam“

Gehört der Islam zu Deutschland? Diese Frage, aufgeworfen durch eine Rede des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, debattiert die Republik seit mehr als zehn Jahren. Die einen pochen auf die kulturelle Prägung dieses Landes, die anderen auf die Tatsache, dass viele muslimische Bürger in Deutschland leben. Weiter geführt hat diese Debatte bislang nicht. Im Gegenteil, Kritiker und Befürworter haben sich zunehmend in ihren „Schützengräben“ verschanzt. Daher wagen wir einen neuen Anlauf, mit dem wir eine Brücke bauen und die Gräben überwinden wollen. Diese Brücke heißt: Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland. Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland.
Im Kern geht es darum, den Islam differenziert zu betrachten. Denn den „einen“ Islam gibt es nicht, sondern viele verschiedene Strömungen. Darunter leider auch solche, die nicht mit der deutschen Verfassung vereinbar sind und radikale Positionen vertreten. Die radikalen Ausprägungen, die den westlichen Lebensstil zum Feindbild erheben und die freiheitlich-demokratische Rechtsordnung zu unterlaufen suchen, bezeichnen wir als „politischen Islam“. Unserer Auffassung nach beginnt er ganz konkret dort, wo die Scharia über unsere Rechtsordnung gestellt wird, und er endet beim islamistischen Gefährder.
Die Zahl dieser Gefährder ist bekannt. Ebenso deren Entwicklung, die in den letzten Jahren ein erschreckendes Ausmaß angenommen hat. Sie stieg von 330 im Jahr 2015 auf mittlerweile 760 heute. Und wer die aktuelle Debatte um die IS-Kämpfer, die auf Wunsch der USA nach Deutschland zurückgeholt werden sollen, verfolgt hat, ahnt, dass diese Zahlen weiter steigen dürften. Diese Seite des politischen Islam ist die brutalste, aber leider auch die offensichtlichste. Viel undurchschaubarer sind jene islamistischen Strömungen, die sich nahezu unbemerkt in die Gesellschaft einschleichen und die deutsche Rechtsordnung zu unterhöhlen drohen.
Anzeichen dafür, dass es diese Strömungen gibt und dass sie wirksam sind, erschließen sich erst auf den zweiten Blick. Sie finden sich unter anderem in einer Studie der Universität Münster von 2016, laut der fast jeder Zweite der befragten Deutschtürken meinte, dass religiöse Gesetze wichtiger als die unseres Staates seien. Sie finden sich dort, wo kleine Kinder in Moscheen dazu aufgefordert werden, den Märtyrertod nachzuspielen und zu verherrlichen. Sie finden sich auf Schulhöfen, wo antisemitische Beschimpfungen zunehmen und Mädchen dazu gedrängt werden, ein Kopftuch zu tragen, um sich als „Reine“ von den „Unreinen“ unterscheiden zu können.
Wenn Deutschland eine offene und tolerante Gesellschaft bleiben möchte, müssen wir jetzt wachsam und wehrhaft sein. Wir dürfen nicht zulassen, das die Intoleranten – um an die Formulierung Karl Poppers anzuknüpfen – die Toleranz nutzen, um eben diese und mit ihr die Toleranten zu beseitigen. Vor diesem Hintergrund fordern wir ein ganzes Bündel an politischen Maßnahmen, um den politischen Islam zu bekämpfen und den liberalen Islam zu stärken:Wir fordern Transparenz statt "Kultureller Rabatte" bei sogenannten Ehrenmorden.
1. Wir müssen unsere Werte wieder selbstbewusst verteidigen. Es muss im Gesetz klargestellt werden, dass es für die individuelle Schuld und Strafzumessung keine Rolle spielt, wenn jemand aus einem anderen Kulturkreis stammt. Wer bei uns lebt, hat die unsere Normen zu beachten und keinen Anspruch auf „kulturellen Rabatt“, wenn er beispielsweise versucht, seine untreue Ehefrau zu töten.
2. Wir brauchen dringend mehr Transparenz und müssen endlich wissen, wo und wer hier in Deutschland predigt und lehrt. Daher fordern wir nicht nur ein entsprechendes Register, das allen religiösen Vereine und ihre Gebetshäuser und Gebetsstätten umfasst, sondern auch eine Pflicht zur Offenlegung ihrer Finanzen.
3. Wir müssen unsere Bildungseinrichtungen als Orte der Integration und der Prävention begreifen. In Kitas und Grundschulen nimmt der Anteil der Kinder zu, die nicht in einem deutschsprachigen Haushalt aufwachsen. Um allen die gleichen Startchancen zu ermöglichen, braucht es verpflichtende Vorschulen für jene Kinder, bei denen im Spracherhebungsverfahren deutliche Sprachmängel festgestellt werden. Genauso wichtig ist ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren. In unseren Kitas und Schulen darf nicht der Grundstein zur Geschlechterdiskriminierung gelegt werden.
4. Wir brauchen gemeinsame von Bund und den Ländern getragene Leitlinien für Präventions- und De-Radikalisierungsprojekte. Sichergestellt sein muss in jedem Fall, dass sich die Projektverantwortlichen nachweisbar und eindeutig zu unserer Rechtsordnung bekennen. Tauglichkeit und Effektivität sind angesichts der Bedeutung der Wertevermittlung fortlaufend zu überprüfen.
5. Wir müssen in der Integrationspolitik konsequent auf das Prinzip „Fordern und Fördern“ setzen. Dazu bieten sich individuelle Integrationsvereinbarungen an, die auf jene Zuwanderer zugeschnitten werden, die keine bis nur wenig Bereitschaft zeigen, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren. In diesen "Verträgen" müssen Ziele festgehalten werden, die der Verpflichtete innerhalb bestimmter Zeitkorridore zu erreichen hat, wie zum Beispiel die Teilnahme an Integrationskursen oder auch die Wahrnehmung von Beratungsterminen. Werden diese Ziele nicht erreicht, muss ein Sanktionssystem greifen, das im Ernstfall zur Korrektur des Aufenthaltstitels führen kann.Das Grundgesetz garantiert die Religionsfreiheit nicht schrankenlos.
Deutschland darf sich durch das durchaus geschickte Agieren der Vertreter des politischen Islam, die wiederholt auf die hier geltende Religionsfreiheit pochen, nicht übertölpeln lassen. Die Religionsfreiheit ist ein zentrales Grundrecht, aber auch sie gilt nicht schrankenlos. Sie findet dort eine Grenze, wo es um den Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung geht. Diese Grenze müssen wir - wenn nötig - wieder sichtbar machen und auch schützen. Denn nur dann hat der liberale Islam eine Chance, sich frei zu entfalten und hier Wurzeln zu schlagen. Wir sind es allen Muslimen, die bereits friedlich unter und mitten uns leben, schuldig, dass wir ihnen den Rücken stärken.