Zwei-Staaten-Lösung : Es braucht internationalen Druck
Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als die israelische Hauptstadt anzuerkennen, hat für heftige, sehr unterschiedliche Reaktionen geführt. Die eine Seite sah den Friedensprozess damit endgültig als gescheitert an oder erklärte zumindest, die USA hätten damit jegliche Möglichkeit verspielt, als ehrlicher Makler wahrgenommen zu werden. Die andere Seite unterstrich dagegen, der Präsident habe nur eine Selbstverständlichkeit zum Ausdruck gebracht. Jerusalem sei seit der Gründung des Staates Israel die Hauptstadt des Landes, jeder Staat habe schließlich selbst darüber zu entscheiden, wo seine Kapitale liege. Andere gingen noch einen Schritt weiter und sahen Trumps Entscheidung einen wichtigen Schritt zur Wiederbelebung des Friedensprozesses. Denn in der Vergangenheit seien die Verhandlungen auch daran gescheitert, dass kein Einvernehmen über den zukünftigen Status der Stadt erzielt werden konnte. Immer wieder habe die arabische Seite sogar die historische Verbindung Israels mit Jerusalem infrage gestellt. Der UN-Teilungsplan, der Jerusalem als corpus separatum ansah, wurde nie Wirklichkeit
Keines dieser Argumente ist für sich genommen falsch, wirklich überzeugend jedoch auch nicht. Natürlich ist Jerusalem die Hauptstadt Israels. Genauer gesagt der Westteil der Stadt. Der UN-Teilungsplan, der die Stadt als corpus separatum ansah, wurde nie Wirklichkeit. Nach dem Waffenstillstand, der den israelischen Unabhängigkeitskrieg 1949 beendete, inkorporierte Israel die westliche Hälfte und Jordanien die östliche. Die Staatengemeinschaft erkannte dies de facto an, in dem sie zu Staatsbesuchen nach Jerusalem kamen, sich dort mit Ministern, Premierministern, Präsidenten und Abgeordneten trafen. Gleiches taten die Diplomaten, die dennoch weiterhin in Tel Aviv saßen. Genauso wie nicht mehr die ursprünglich im UN-Teilungsplan vorgesehenen Grenzen, sondern die Waffenstillstandslinie von 1949 international als Referenzpunkt für eine zukünftige Friedensregelung angesehen werden, gilt dies auch für Jerusalem. Weil aber mit der Klagemauer die heiligste Stätte des Judentums jenseits dieser Linie liegt, ist auch klar, dass ein Friedensabkommen nur dann Wirklichkeit werden kann, wenn es eine Regelung enthält, die den Juden wenigstens den freien Zugang ermöglicht; wahrscheinlich wird jede israelische Regierung sogar darauf bestehen, den jüdischen Teil der Altstadt samt Klagemauer bei Israel zu behalten. Die israelische Regierung hat keinerlei Interesse an einer Zwei-Staaten-Lösung. Deshalb braucht es internationalen Druck
Hätte Trump deutlich gemacht, dass sich seine Anerkennung nur auf West-Jerusalem bezieht, hätte er darüber hinaus den Anspruch der Palästinenser auf Ost-Jerusalem ebenso herausgestrichen, oder hätte er gar die „Hauptstadtfrage" mit der Vorlage eines Friedensplans verbunden, könnte man in seiner Entscheidung tatsächlich einen Schritt zum Frieden sehen. All dies hat er jedoch nicht getan. An keinem Punkt seiner Rede hat er zu verstehen gegeben, dass sich seine Auffassung von der der israelischen Regierung unterscheidet. 1980 hat die Knesset ein Gesetz verabschiedet, demzufolge, Jerusalem die „ewige und unteilbare Hauptstadt" des Landes sei. Auch für eine linke Regierung wäre es deshalb sehr schwer, einer Teilung zuzustimmen. Die momentane Regierung aber ist die rechteste in der israelischen Geschichte. Sie hat keinerlei Interesse an einer Zwei-Staaten-Lösung, erst recht nicht an de Aufgabe Ost-Jerusalems. Trumps Entscheidung ist kein Akt der Weitsicht. Er folgt innenpolitischem Kalkül
Und sie ist stark: Die Palästinensische Führung ist zerstritten, die übrigen arabischen Staaten scheinen ihr immer schon geringes Interesse an der Bevölkerung der Westbank und des Gaza-Streifens zu verlieren. Netanjahu und seine Ministerkollegen sehen keinerlei Gründe für Zugeständnisse. Ohne starken Druck von außen werden sie sich nicht bewegen. Statt diesen aufzubauen, hat Trump nun ihre Position gestärkt. Gleichzeitig hat er den bisherigen internationalen Konsens aufgekündigt. Auch dies kommt Netanjahu zupass, der aus seiner Geringschätzung der EU nie einen Hehl gemacht hat und einseitig auf die Amerikaner, genauer gesagt auf die Republikaner setzt. Trumps Entscheidung ist schädlich und folgt ganz offensichtlich innenpolitischem Kalkül. Sie zu einem Akt strategischer Weitsicht zu erklären, offenbart das Wunschdenken, Sinn in das internationale Irrlichtern des Weißen Hauses zu bringen. Es ist unwahrscheinlich, dass die USA noch einen Friedensplan vorlegen, der beide Seiten berücksichtigt
Gleichzeitig sollte man den Schritt nicht überbewerten. Zunächst ändert sich wenig. Die USA haben ihrem ohnehin ramponierten Image in den Augen der palästinensischen Führung weitere Dellen hinzugefügt. Dennoch: Sollten sie einen Friedensplan vorlegen, der die Interessen beider Seiten berücksichtigt, und sowohl Israel als auch die Palästinenser unter Druck setzen, Kompromisse einzugehen, würden sich erneut Möglichkeiten zum Frieden eröffnen. Sehr wahrscheinlich ist das aber nicht.