Das Familienbild muss vielfältiger werden : Mutter, Mutter, Vater, Kind

Zehn Debatten in zehn Wochen. Diese Woche: Gender - Wie weiter zwischen den Geschlechtern? Monisha Moreau schreibt über den Kinderwunsch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und plädiert für ein vielfältigeres Bild von Familie.
Es ist die Zeit der „Ehe für Alle“, der „dritten Option“ und den „Fridays for Future“. Eine Zeit, in der Patchwork-Familien in unterschiedlichsten Zusammensetzungen miteinander leben, Trans*-Menschen endlich die Chance auf ihre Namensänderung haben und der Begriff „Familie“ an Vielfalt gewinnt. Seitdem die „Ehe für alle“ 2017 im Bundestag beschlossen wurde, können gleichgeschlechtliche Paare heiraten und Kinder bekommen - oder adoptieren. Diese Veränderung hat dem Familienbild in unserer Gesellschaft eine neue Richtung gegeben und viele Menschen bestärkt. Der Begriff „Familie“ hat bereits an Vielfalt gewonnen.
Dennoch sind wir erst am Anfang. Die Frage, wie sich ein Familienmodell und die damit verbundene Kinderplanung gestalten lässt, bleibt in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften schwierig zu beantworten. Für mich als Auslandsadoptiv- und Findelkind stand Familie noch nie mit leiblicher Verwandtschaft in einem direkten Zusammenhang. Schon immer setzte ich mich viel mit der Frage auseinander: „Was ist Familie?“. Denn der Kinderwunsch für mich, als Frau* in einer Liebesbeziehung mit einer Frau*, ist viel komplexer. Wir können es nicht „einfach so passieren lassen“. Gleichzeitig sind gleichgeschlechtliche Paare ständigen Rechtfertigungsprozessen ausgesetzt. Sätze und Fragen wie: „Aber jedes Kind braucht doch einen Vater!“ oder „Wer ist denn in eurer Beziehung der Mann?“ gehören zum Alltag. Als Frau* mit einer Frau* ein Kind zu planen, ist bis heute leider immer noch nicht „normal“, sondern für viele ein polarisierendes, exotisches und unnatürliches Lebenskonzept. Bis heute wird es gesellschaftlich nicht als „normal“ aufgefasst, wenn zwei Frauen* ein Kind planen.
Inzwischen gibt es unterschiedliche Optionen und Strategien, um als gleichgeschlechtliches Paar eine gemeinsame Elternschaft zu übernehmen. Seit 2018 gibt es ein neues Samenspendergesetz. Seither haben Kinder das Recht, Auskunft über ihre Abstammung und damit ihre eigene Identität zu erhalten. Die meisten Methoden, um gleichgeschlechtlichen Paaren den Kinderwunsch zu erfüllen, setzen auf gespendete Samen oder Eizellen. Eine Methode, die in Deutschland bislang nicht erlaubt ist, ist die „Ropa-Methode“. Dabei findet die künstliche Befruchtung mit der Eizelle der einen Frau* und dem Sperma im Reagenz-Gefäß statt (In-vitro-Fertilisation) und wird in den Körper der anderen Frau* für die Schwangerschaft eingesetzt.
Auf diese Weise kann in einer geschlechtlichen Partnerschaft die eine Frau* mit dem Kind verwandt sein und die andere es austragen. Diese Methode ist jedoch in Deutschland noch illegal und deswegen nur im Ausland möglich. Sie stellt meiner Ansicht nach jedoch eine Strategie dar, die mehr Gleichstellung für gleichgeschlechtliche Paare birgt und dringend von politischen Instanzen unterstützt werden sollte.Die „Ropa-Methode“ sollte auch in Deutschland legalisiert werden.
Mein abschließendes Fazit sieht so aus: Ich bin davon überzeugt, dass ein Kind in einem Umfeld aufwachsen soll, das sich der Verantwortung, die eine Elternschaft bedeutet, bewusst ist und bereit ist, dieser nachzugehen. Dabei ist es egal, ob das Umfeld aus zwei Frauen*, zwei Männern, einem heterosexuellen Paar oder Menschen besteht, die sich nicht in diesen Kategorien wiederfinden. Wir leben in einer Zeit, in der unterschiedlichste Formen und Modelle von Elternschaften möglich sein könnten. Mehr als überfällig ist es jedoch, dass sich marginalisierte Gruppen und Minderheiten nicht mehr versuchen müssen, in veraltete Familienbild-Schablonen zu pressen, sondern ihnen Strukturen vereinfacht werden, um ihr eigenes Familienbild zu entwerfen.Das Bild von Familie muss ausgeweitet und vielfältiger werden.
Denn nur so können wir Kindern und Eltern oder Bezugspersonen, die Basis bieten, ohne Diskriminierungserfahrungen an dieser Gesellschaft teilzuhaben.
Anmerkung der Redaktion: Das * betont, dass das soziale Geschlecht nicht im Zusammenhang mit biologischen Eigenschaften steht.
Zur Debatte schrieb bereits Teresa Bücker. Feminismus bedeute, sich für eine umfassende Veränderung unseres Zusammenlebens einzusetzen, schreibt sie. Harald Martenstein hingegen empfindet die Geschlechterpolitik als ein Elitenprojekt. Und die Dragperformer*in Xenia von Uexküll meinte, dass die Kategorie "Geschlecht" bloß einengt. Jan Feddersen bilanzierte seit Mauerfall wesentliche Fortschritte für die LGTBI*-Community, sorgt sich jedoch vor einer Bedrohung der Errungenschaften durch Konservative.
In der ersten Woche unserer Debattenserie ging es um "Verkehr - Kann das Auto weg?". Alle Beiträge zu dieser Debatte finden Sie hier.
In der zweiten Woche stellten wir die Frage: Darf man noch Fleisch essen? Hier sind die Beiträge zum Nachlesen.