Wie viel Computer braucht der Mensch? : Den Digitalisierungs-Hype entzaubern

Diese Woche debattierten unsere Gastautor*innen über die Digitalisierung? Psychiater Manfred Spitzer schrieb, digitale Informationstechnik mache uns krank, einsam und unaufmerksam. Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg hingegen forderte, digitale Bildung solle bereits in der Grundschule beginnen. Journalistin Anna Miller plädierte für weniger Smartphone und mehr analoges Leben. Oliver Nadig, blinder IT-Trainer, forderte digitale Barrierefreiheit für alle. Philosoph Christian Uhle schrieb, Technologie müsse in den Dienst einer sozial-ökonomischen Entwicklung gestellt werden. Auch die Leserinnen und Leser haben mitdiskutiert. Hier eine Auswahl der Meinungen.
Ich habe meinen ersten Computer gekauft, da war ich schon fast 19. Zu Hause konnten wir uns das nicht leisten, und in der Schule hatte ich zu viele Sprachen belegt, um noch Informatik machen zu dürfen. Aber ich habe nicht das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Eher im Gegenteil, ich kann an einem Essen teilnehmen, ohne dass das Smartphone mit meiner Hand verwachsen ist. Viele Teilnehmer meiner Dinnerparties können das nicht. Aktive Spielsachen machen passive Kinder. Schenkt ihnen lieber Lego zur Einschulung! Maria Wassermann Aktive Spielsachen machen passive Kinder.
Ich könnte mir eine Welt ohne Social Media und digitale Techniken nicht mehr vorstellen. Was würden wir nur tun, wenn wir unsere Liebsten nicht mehr in Sekunden per WhatsApp erreichen könnten? Viktoriya Sydorenko, Ludwig-Erhard-Schule Karlsruhe
Ohne den Umgang mit Google, Internet, Mail zu beherrschen, schneidet man sich immer mehr von der modernen Welt ab. Die Lösung ist bei weitem nicht, Kinder und Jugendliche von digitalen Medien fernzuhalten, sondern ihnen den verantwortlichen Umgang beizubringen. Walter Neuschitzer Man muss den Umgang mit dem Internet beherrschen, um an der modernen Welt teilzunehmen.
Medienpädagogik ja, aber bitte mit Ruhe und Zeit. Dafür brauchen wir erst einmal qualifiziertes Personal. Die Arbeit mit dem PC müsste unbedingt medienpädagogisch begleitet werden. Dabei haben wir ja nicht einmal genug Personal in den grundlegendsten Fächern. Ja - wichtig ist das sicher. Aber nicht so wichtig, dass dafür Zeit für andere Prozesse im Kind abgegraben werden sollten. hipphipphurrah via instagram
Die Digitalisierung: Das Zeitalter der neuen Generation und der Stärkung der Demokratie? Die Technologie von heute gibt uns das Potential für das Ausleben der Meinungsfreiheit und der Weiterentwicklung der Menschheit durch Aufklärung. Jedoch wird dies nicht richtig genutzt. Meiner Meinung nach geht es nicht mehr um die Frage, ob die Digitalisierung richtig ist, sondern wie wir sie richtig nutzen müssen. Viviane Turhan, Ludwig-Erhard-Schule KarlsruheDie Digitalisierung unterstützt die Meinungsfreiheit und fördert die Demokratie.
Angesichts des durch Macht- und Profitgier getriebenen globalen und digitalen Wettrüstens werden wir zum Spielball. Dass Technologie für unser Leben nützlich oder zweckdienlich sein sollte, spielt keine Rolle mehr. Es geht nicht mehr um einen evolutionären Prozess der Technologienutzung. Google, China und Co. wollen, durch männliche Allmachtsphantasie getrieben, eine andere, eine von ihnen beherrschbare Welt. Disruption ist ihr neues Mantra. Für technische Herausforderungen wird Informationstechnologie doch längst eingesetzt. Unser Leben müssen wir nicht auch noch digitalisieren. Es gilt den Digitalisierungs-Hype zu entzaubern. Was kann das digitale Wettrüsten aufhalten? Wir könnten uns auf Hightech konzentrieren, die uns hilft, die realen Probleme zu lösen. Statt 5G, lieber massive Forschung und Entwicklung für Anlagen zur Gewinnung synthetischer Kraftstoffe in Afrika, zum beiderseitigen Vorteil. Matthias GrünigEs geht nicht mehr um zweckdienliche Technologien, sondern um den Profit großer Konzerne.
Wir tragen das gesamte Wissen der Menschheit in unserer Hosentasche, Apps und Websites helfen bei der Weiterbildung. Smartphones tracken unseren Puls und unser Schlafverhalten und helfen uns, unsere Fitness und das Schlafverhalten zu optimieren. Über Social Media halten wir mit mehr Menschen Kontakt als wir es offline jemals könnten. Wie viel Zeit wir uns dafür nehmen, da stimme ich zu, dass muss jeder für sich selbst entscheiden. David PahnkeÜber Social Media halten wir mit mehr Menschen Kontakt, als wir es offline jemals konnten.
Digitale Informationstechnik bringt negative und positive Seiten mit sich, aber man sollte sich im Klaren sein, dass man selbst die Kontrolle über seine eigene Nutzung digitaler Medien hat. Für mich hat es bisher überwiegend positive Aspekte gehabt, da mir gewisse Seiten und YouTube-Videos schon viel mit Schulstoff weitergeholfen haben. Lisa Keil, Ludwig-Erhard-Schule Karlsruhe
Ohne mein Smartphone hätte ich den Tweet nicht wahrnehmen und mit Ihnen hier kommunizieren können. Jedes Ding hat immer zwei Seiten; solange man es nicht übertreibt, ist es gut. Jedoch müssen Hersteller in die Pflicht genommen werden. Sie müssen in ihrer Produktion Nachhaltigkeit viel stärker berücksichtigen. Es ist nicht jedes Jahr ein neues Modell notwendig. DerKrefelder via TwitterDie Herstellung digitaler Endgeräte muss nachhaltiger werden.
An Computern, Tablets, Smartphones führt kein Weg vorbei und die Kompetenz, damit umzugehen sowie Gefahrensituationen einzuschätzen, muss erlernt werden. Es wäre wirklich sinnvoll, dies bereits in der Schule zu lehren und zu lernen. Alles andere ist ziemlich realitätsfremd. Freies Spiel kann und sollte doch zusätzlich stattfinden. Und auch ein Smartphone-Verbot während der Schulpausen ist denkbar und sinnvoll. Muss es denn entweder-oder sein? Kann es nicht saubere, funktionierende sanitäre Anlagen, eine gute Ausstattung auch für Lehrkräfte, genügend Personal, Konfliktlösungsmanagement UND eine sinnvolle Ausstattung mit Laptops/Computern, Tablets, etc. geben? Klar, das kostet Geld. Aber grundsätzlich sinnvoll finde ich es schon. Leia Scones