Spaltung der Gesellschaft? : Linke Identitätspolitik verhindert kontroverse Debatten in Politik und Wissenschaft

Um die Debattenkultur an deutschen Hochschulen steht es nicht zum Besten. Und das nicht erst, seit Christian Lindner und Bernd Lucke die Erfahrung verbindet, dass Meinungsvielfalt an der Universität Hamburg nicht besonders groß geschrieben wird. Aufsehen erregte in den vergangenen Jahren auch der Blog „Münkler-Watch“ (HU Berlin), auf dem Studenten vermeintliche Verfehlungen des Politologen Herfried Münkler dokumentierten. An der Universität Siegen wurden Hochschulmittel für einen Gastvortrag von Thilo Sarrazin gestrichen und an der Universität Frankfurt forderten Studenten eine Professorin zu entlassen, weil sie zu einer Konferenz Rednerinnen einlud, die dem islamischen Kopftuch kritisch gegenüberstehen. Disziplinieren statt Argumentieren – sieht so die Zukunft akademischer Debatten aus? Fakt ist: Auch an deutschen Hochschulen werden Wissenschaftler vermehrt moralisch diskreditiert, sozial ausgegrenzt oder sogar institutionell bestraft, wenn ihre Äußerungen oder Handlungen nicht im Einklang mit den Dogmen linker Identitätspolitik stehen. Wie lässt sich die Zunahme freiheitsfeindlicher Phänomene erklären? In welchem Umfeld agieren diejenigen, die ihre Forderungen in autoritärem Ton einbringen und dabei nicht einmal versuchen, ihre denunziatorische Absicht zu verbergen?
Moralische Läuterung als Ziel
Linke Identitätspolitik presst Menschen in zwei vermeintlich klar voneinander abgegrenzte Schablonen: in die Träger von Opfer- und in die Träger von Schuldidentitäten. Die Zuordnung dient zwei Zielen: Der Ermächtigung von Opfergruppen und der moralischen Läuterung von Schuldgruppen. Erreicht werden sollen diese Ziele vor allem durch Läuterungsbeweise. Dazu zählt zum Beispiel die Bereitschaft, zugunsten von Opfergruppen auf Karrierechancen zu verzichten. Läuterungsbeweise sind von jenen Personen zu erbringen, die aufgrund eines demographischen Merkmals pauschal dafür verantwortlich gemacht werden, dass andere Gruppen Unterdrückung und Diskriminierung ertragen mussten oder müssen. So haben aus der Sicht vieler Identitätslinker Männer ihre Läuterung gegenüber Frauen zu beweisen, Heterosexuelle gegenüber allen Anderssexuellen, und so weiter. Die Zahl kontroverser wissenschaftlicher Debatten nimmt ab
In einem System, in dem sich das Gros der Wissenschaftler von Vertrag zu Vertrag hangelt, kann ein dergestalt erzeugter Konformitätsdruck hohe Wirksamkeit entfalten. So werden Fragestellungen, die gegen identitätslinke Dogmen verstoßen, immer seltener bearbeitet. Überdies werden von intellektueller Neugier geprägte, auf Erkenntnisfortschritt angelegte und fair geführte wissenschaftliche Debatten seltener. Und das schadet nicht nur den andersdenkenden Wissenschaftlern. Es trägt auch zur intellektuellen Verarmung der betroffenen Fächer bei und wirkt sich letztlich nachteilig auf die Gesellschaft aus