Tegel schließen – ein Himmelfahrtskommando : Was nicht geht, geht nicht

Es gibt einen guten Grund, warum am 24. September 2017 nicht über einen Gesetzentwurf zur Offenhaltung Tegels abgestimmt wird. Es ist nämlich so gut wie unmöglich, den Flughafen weiter in Betrieb zu lassen! Was gerade erst wieder ein weiterer Jurist bestätigt hat - der x-te in einer langen Reihe von Experten. Der Volksentscheid ist also eine reine "Wohlfühlabstimmung". Das wissen die Antragssteller auch. Den Tegel-Aktivisten geht es um billige Punkte in der politischen Arena
Aber ihnen geht es nicht um konstruktive Politik für unsere Stadt, sondern schlicht um billige, schnelle Punkte in der politischen Arena. Allerdings versuchen sie ihren Knalleffekt mit perfiden Mitteln hinzubekommen: indem sie den Eindruck erwecken, dass tatsächlich eine Alternative zur Abstimmung stünde. Nämlich dass der Flughafen Tegel womöglich doch offengehalten werden könnte und sich die rechtlichen Probleme einfach ausblenden ließen. Sammelklagen könnten Tegel und den BER gefährden
Dies ist jedoch nicht der Fall. Es gibt harte, einklagbare Gründe bei der getroffenen Entscheidung zu bleiben, den Flughafen Tegel also spätestens 6 Monate nach Eröffnung des BER zu schließen. Und niemand kennt diese Gründe besser als die Juristen. Bis hinauf zum Bundesverwaltungsgericht haben sie deshalb rechtlich festgelegt, dass Tegel keine Zukunft hat. Auf höchster Ebene wurde abschließend entschieden, dass mit Eröffnung des BER die innerstädtischen Flughäfen zu schließen sind und wer dies ändern will riskiert einen jahrelangen Rechtsstreit. Mit einem wohl heute schon absehbaren Ausgang und einem zusätzlichen Risiko. Durch Sammelklagen besteht die Gefahr, dass sowohl am BER als auch am Flughafen Tegel eine Situation entsteht, die den Betrieb beider Flughäfen gefährdet. Stadtflughäfen haben keine Zukunft. Nirgends
Viele Berlinerinnen und Berliner fühlen sich eng mit dem Flughafen Tegel verbunden. Aus völlig nachvollziehbaren Gründen. Nur haben Stadtflughäfen leider keine Zukunft. Ganz einfach deshalb, weil sie zu gefährlich sind. Daher würden Flughäfen wie Tegel heute niemals mehr genehmigt werden. Auf jeden Fall an keinem Ort in der Europäischen Union. Und auch Tegel war nur nach Alliiertenrecht genehmigt worden - nach Bundesrecht wäre es schon damals schwierig gewesen. Fluglärm und Dreck sind die Argumente gegen Tegel, und dass das aufhört, ist versprochen worden
Die Menschen vor allem in den Bezirken Spandau, Reinickendorf, Wedding und Pankow leiden seit Jahren unter Fluglärm und massiver Umweltverschmutzung. Das ist einer der Hauptpunkte in der Argumentation der Juristen, denn wir leben ja nicht in einer Diktatur, wo das Wohl des Einzelnen nichts im Vergleich zu den Interessen der Mächtigen bedeutet. 185.000 Starts und Landungen mit jeweils bis zu 150.000 Liter Kerosin im Tank sind ein enormes Risiko. Die Schließung von Tegel ist den betroffenen 300.000 Menschen seit Jahrzehnten versprochen worden. Darauf muss Verlass sein. Und dieses Versprechen haben ihnen die Juristen bereits gegeben.Weil die einen etwas länger zum neuen Flughafen brauchen, sollen die anderen weiter im Lärm leben?
Der durchschnittliche Berliner fliegt zweimal im Jahr. Mancher braucht dann etwas länger zum neuen Flughafen, aber ist es das nicht wert, dass Hunderttausende auch mal wieder ihr Fenster aufmachen oder auf den Balkon gehen können? Dass sie nicht alle 45 Sekunden neuen Fluglärm über sich hören?Das zentrale Argument gegen die Offenhaltung: Sie ist juristisch ein Himmelfahrtskommando
Natürlich könnte man auch die vielen Vorteile anführen, die eine Schließung Tegels bedeutet - Ansiedlung von Wissenschaft und Industrie, Zehntausende neue Arbeitsplätze, Tausende moderne Wohnungen und so weiter. Aber darum geht es nicht: das zentrale Argument gegen die Offenhaltung Tegels lautet - es ist juristisch ein Himmelfahrtskommando!
Zuletzt wurde von mehreren Seiten die Hoffnung beflügelt, ein JA zur Offenhaltung Tegels könnte tatsächlich noch zu einem Umdenken führen. Das ist schlicht Augenwischerei. Ein JA zum Flughafen Tegel wird - so meine persönliche Überzeugung - de facto rein gar nichts ändern. Einfach weil es keinen Entscheidungsspielraum gibt. Für eine Demokratie wäre das ein unschönes Signal, das ich mir beileibe nicht wünsche.Auch wenn Rot-rot-grün den Volksentscheid ernst nimmt: Tegel wird geschlossen
Bei aller Wertschätzung für Volksentscheide an sich, die Lage wird nach dem 24. September die gleiche bleiben wie zuvor. Der Bund, Brandenburg und Berlin wollen und müssen den Flughafen Tegel nach Eröffnung des BER schließen. Auch wenn man einen Volksentscheid ernst nimmt - was zumindest die rot-rot-grüne Koalition tut - und je nach Ergebnis seine Position überprüft, man sollte den Menschen nicht Sand in die Augen streuen. Das ist eine Frage der politischen Glaubwürdigkeit.