Schulen freier Träger : Privatschulen müssen sich alle leisten können
Sicher, es gibt Schulen in freier Trägerschaft, die auch von Kindern aus einkommensschwächeren Familien besucht werden. Sicher, es gibt Privatschulen, denen es am Herzen liegt, soziale Ungleichheiten zu bekämpfen und sie nicht weiter zu vertiefen. Und es gibt natürlich auch private Schulen, die im ländlichen Raum das einzige Schulangebot am Ort aufrechterhalten. Nach den Gesprächen mit Privatschulvertretern haben wir ohnehin das Gefühl, dass es nur solche rühmlichen Fälle unter den Privatschulen gibt.
Uns geht es aber nicht um diese positiven Beispiele, die von verschiedener Seite immer wieder an uns herangetragen werden. Uns geht es um die „durchschnittliche“ Privatschule, wie sie auch im nationalen Bildungsbericht beschrieben wird. Diese beherbergt weniger Kinder aus sozial benachteiligten Familien. Hier finden sich häufiger Kinder von Akademikereltern und von Eltern, die höhere und höchste Haushaltseinkommen haben. Die durchschnittliche Privatschule beherbergt weniger Kinder aus sozial benachteiligten Familien.
Dabei ist es für die Schulen in freier Trägerschaft ökonomisch rational, so viel Schulgeld zu erheben wie der Markt hergibt. Mit einem monatlichen Elternbeitrag von gut 400 Euro und einer öffentlichen Förderung von 80 Prozent hat eine private Ersatzschule in Deutschland 50 Prozent mehr Geld pro Schüler zur Verfügung als eine öffentliche Schule. 400 Euro im Durchschnitt? Das sind doch nur Einzelfälle! Mitnichten. In Hessen trifft dies allein auf knapp 15 Prozent aller Privatschulen zu – zusätzliche Aufnahmegebühren und verpflichtende Beiträge zu Fördervereinen noch gar nicht mitgerechnet. Für Privatschulen ist es natürlich ökonomisch rational, so viel Schulgeld zu erheben wie der Markt hergibt.
Mit einem 50 Prozent höheren Schulbudget lässt sich natürlich auch eine bessere Schule machen, das ist keine Zauberei. Alle Eltern würden ihre Kinder gerne auf diese gut finanzierten Schulen schicken. Ihr Nachwuchs hätte eine bessere Betreuung durch (mehr) Lehrkräfte, ausgefallene pädagogische Veranstaltungen, bilingualen Unterricht und, wie wir aus der Bildungsforschung wissen, sogar leistungsstärkere Mitschüler. Toll, für die, die es sich leisten können. Und der Rest kann natürlich eine öffentliche Schule besuchen. So leben wir bald schon in der Schule in getrennten sozialen Welten. Die Trennung sozialer Welten beginnt schon in der Schule.
Dass der Geldbeutel der Eltern nicht darüber entscheiden darf, wie gut die Bildung unserer Kinder ist, gibt für die privaten Ersatzschulen jedoch das Grundgesetz (Art 7 Absatz 4 Satz 3) vor. Der Besuch einer Privatschule muss für alle Schüler möglich sein und darf sich nicht nach dem Einkommen der Eltern richten. Das war 1949 eine der Bedingungen der SPD, um der Privatschulfreiheit im Grundgesetz zuzustimmen. Es ist der verfassungsrechtliche Kompromiss, auf dem die Freiheit der Privatschulen als Ersatzschulen in Deutschland fußt. Und es ist nach dem Bundesverfassungsgericht die Grundlage für ihren staatlichen Förderanspruch.Der Besuch einer Privatschule muss für alle Schüler möglich sein.
Das Grundgesetz durchzusetzen liegt in der Verantwortung der Bundesländer. Dabei versagen sie aber fast alle. Wer glaubt, man bräuchte keine eindeutige Regulierung, um die ökonomischen Rationalität von „gute Bildung gegen Geld“ zu durchbrechen, der hat aus den Erfahrungen misslungener Privatisierung nichts gelernt.
Politik und Verwaltung müssen klare Regeln aufzustellen, wie das sogenannte Sonderungsverbot umzusetzen ist. Baden-Württemberg macht gerade den Anfang. Das lässt aufhorchen: Ausgerechnet das grün-schwarz regierte „Ländle“ schickt sich an, endlich die Spielregeln zu bestimmen, die alle brauchen – nicht zuletzt die Schulen in freier Trägerschaft. Was ist schlimm daran zu verlangen, dass das Schulgeld einkommensabhängig sein muss und einen Durchschnittsbetrag nicht überschreiten darf? Was ist schlimm daran, eindeutig zu regeln, wie hoch das Schulgeld bei einem bestimmten Haushaltseinkommen maximal sein darf?Schulgeld muss einkommensabhängig sein und einen bestimmten Durchschnittsbeitrag nicht überschreiten dürfen.
Es wird Zeit, dass die oben erwähnten Vorreiter unter den Privatschulen diese Vorgaben auch einfordern. Denn sie sind in der Diskussion die Leittragenden, wenn von „abgeschotteten Eliteschulen“ gesprochen wird. Diese kann man aber nur verhindern, wenn klare, rechtssichere Vorgaben existieren, die in der Praxis auch kontrolliert werden.